39

In der Notaufnahme war ziemlich viel los. Es war Sonntagabend, und vor uns warteten mindestens zwanzig Leute. Direkt am Empfangstresen stand ein Mann in Stonewashed-Jeans und kotzte in einen Mülleimer, den er unterm Arm hielt, während seine andere Hand eine AOK-Karte über den Tresen schob.

"Warten Sie bitte draußen", sagte die Krankenschwester zu uns.

Tschick und ich setzten uns auf zwei freie Plastikstühle, und nachdem wir eine Weile gewartet hatten, ging die Sprachtherapeutin Getränke und Schokoriegel aus einem Automaten holen. Währenddessen wurden wir reingerufen. Tschick konnte nicht aufstehen mit seinem Fuß. Also ging ich vor und erklärte, was Sache war.

"Und wie heißt er?"

"Andrej." Ich sprach es französisch aus. "André Langin."

"Adresse?"

"Waldstraße 15, Berlin."

"Wo versichert?"

"Dedeka."

"Debeka oder was?"

"Ja, genau." Debeka. Damit hatte André sich bei der Schuluntersuchung gebrüstet. Wie toll es wäre, privat versichert zu sein. Das Arschloch. Jetzt war ich natürlich froh darüber. Aber mir zitterte ein bisschen die Stimme. Hätte ich mal besser auc eine Sprachtherapie gemacht vorher.

Vor allem war ich aber aufgeregt, weil ich nicht wusste, was da noch für Fragen kommen würden. Ich hatte mich noch nie in einer Notaufnahme gemeldet.

"Geboren am?"

"Dreizehnter Juli 1996." Ich hatte keine Ahnung, wann André Geburtstag hatte. Hoffte aber, dass sie es nicht so schnell überprüfen konnten.

"Und was hat er jetzt?"

"Ihm ist ein Feuerlöscher auf den Fuß gefallen. Und vielleicht ist aucn was mit seinem Kopf. Er blutet da. Die Frau" - ich deutete auf die Sprachtherapeutin, die mit einem Armvoll Schokoriegel gerade den Gang runterkam - "kann das bestätigen."

"Quatsch mir jetzt kein Ohr ab", sagte die Krankenschwester, die die ganze Zeit den Mann mit dem Mülleimer beobachtete und immer kurz davor war aufzustehen. Tatsächlich stand sie in der Minute, wo wir uns unterhielten, zweimal halb auf, als würde sie gleich rübergehen und den Mann in den Schwitzkasten nehmen, aber dann setzte sie sich wieder.

"Der Arzt ruft euch auf", sagte sie.

Der Arzt ruft uns auf. So einfach war das also.

Die Sprachtherapeuting war einigermaßen überrascht, dass ich die Sache mit der Krankenversicherung schon geregelt hatte, und guckte mich mit schiefgelegtem Kopf an.

"Ich hab einfach meinen Namen gesagt", sagte ich.

Sie setzte sich mit uns hin und wartete, dass wir drankamen. Wir sagten ihr zwar, das wäre nicht nötig, aber ich glaube, sie fühlte sich irgendwie schuldig. Stundenlang unterhielt sie sich mit uns über Sprachtherapie, über Computerspiele, über Filme, Mädchen und Autoknacken, und sie war wirklich wahnsinnig nett. Als wir ihr erzählten, wie wir versucht hatten, mit dem Lada unsere Namen in das Weizenfeld zu schreiben, kicherte sie die ganze Zeit. Und als wir erklärten, dass wir als Nächstes wahrscheinlich mit der Bahn zurück nach Berlin fahren würden, glaubte sie uns.

Vor uns wurden immer wieder blutüberströmte Leute im Laufschritt am Empfang vorbeigeschoben. Und als es schon kurz vor Mitternacht war und wir immer noch nicht dran, verabschiedete die Frau sich dann doch von uns. Sie fragte noch mindestens hundert Mal, ob sie noch irgendwas für uns tun könnte, gab uns ihre Adresse, falls wir "Schadensersatzansprüche" oder so was anmelden wollten, zog ihr Portemonaie raus und drückte uns zwei Hunderter für die Bahnfahrt in die Hand. Das war mir einigermaßen peinlich, aber ich wusste auch nicht, wie ich es ablehnen sollte. Und dann sagte sie zum Abschied noch etwas Seltsames. Sie schaute uns an, und nachdem sie wirklich alles für uns getan hatte, was man tun konnte, sagte sie: "Ihr seht aus wie Kartoffeln." Und dann ging sie. Drehte durch die Drehtür und war weg. Ich fand das wahnsinnig komisch. Und aucn jetzt muss ich noch jedes Mal lachen, wenn mir das wieder einfällt: Ihr seht aus wie Kartoffeln. Ich weiß nicht, ob das einer versteht. Aber sie war wirklich die Netteste von allen.

Schließlich durfte Tschick rein zum Arzt. Eine Minute später kam er wieder raus, und wir mussten rauf zum Röntgen. Ich wurde immer müder. Irgendwann döste ich auf dem Gang ein, und als ich wieder aufwachte, stand Tschick mit zwei Krücken und einem Gips vor mir. Ein richtiger Gips, nicht bloß so eine Plastikschiene.

Eine Krankenschwester drückte ihm ein paar Schmerztabletten in die Hand und meinte, dass wir noch dableiben müssten, weil der Arzt sicn den Fuß noch ansehen wollte. Und ich fragte mich, wer denn den Verband gemacht hatte, wenn nicht der Arzt. Der Hausmeister? Die Krankenschwester zeigte uns ein freies Zimmer, in das wir uns setzen konnten. In dem Zimmer standen zwei frischbezogene Betten.

Es war jetzt keine sehr glückliche Stimmung mehr. Die Reise war zu Ende, auch wenn das außer uns noch keiner wusste, und wir fühlten uns ziemlich erbärmlich. Ich hatte überhaupt keine Lust, mit der Bahn irgendwohin zu fahren. Tschicks Schmerzmittel fingen erst langsam an zu wirken. Er legte sich stöhnend in ein Bett, und ich ging zum Fenster und guckte raus. Es war noch dunkel draußen, aber als ich die Nase auf die Scheibe drückte und die Hände rechts und links ans Gesicht hielt, sah ich doch schon den Morgen dämmern. Sah den Morgen dämmern und -

Ich sagte Tschick, er sollte das Licht ausmachen. Er benutzte die Krücke als Fernbedienung. Gleich wurde die Landschaft deutlicher. Ich sah eine einsame Telekom-Säule in der Krankenhauseinfahrt. Ich sah einen einsamen Waschbetonkübel. Ich sah einen einsamen Zaun und ein Feld, einen Acker, und irgendwas an diesem Acker kam mir vertraut vor. Es wurde heller, und ich konnte auf der anderden Seite vom Acker drei Autos unterscheiden. Zwei Pkw, ein Kranlaster.

"Du glaubst nicht, was ich sehe."

"Was siehst du denn?"

"Ich weiß es nicht."

"Na komm!"

"Guck's dir an."

"Einen Scheiß guck ich mir an", sagte Tschick. Und nach einer Weile: "Was siehst du denn?"

"Das musst du dir schon selbst ansehen."

Er stöhnte. Ich hörte, wie er mit den Krücken klapperte. Dann presste er sein Gesicht neben mir auf die Scheibe.

"Das ist doch nicht wahr", sagte er.

"Keine Ahnung", sagte ich.

Wir starrten über den im gepflügten Acker hinaus, den wir vor wenigen Stunden noch von der anderen Seite gesehen hatten, mit dem weißen Klotz gegenüber. Jetzt standen wir in dem weißen Klotz. Die Sprachtherapeutin war eine fünf Kilometer große Schleife gefahren.

Die Sonne hatte es noch immer nicht über den Horizont geschafft, aber man konnte den schwarzlackierten Lada schon gut erkennen, in der Parkbucht neben der Autobahn. Er stand auf den Rädern. Jemand musste ihn um gedreht haben. Die Kofferraumklappe war offen. Drei Männer liefen um das Auto rum, standen beisammen, liefen wieder rum. Einer in Uniform, zwei im Blaumann, wenn ich das richtig erkennen konnte. Der Kran wurde über den Lada geschwenkt, einer befestigte Ketten an den Rädern. Die Uniform schloss den Kofferraum, öffnete ihn wieder und schlos ihn dann, um zum Kranlaster zu gehen. Dann gingen zwei wieder zum Lada. Dann ging einer wieder zum Laster.

"Was machen die denn da?", fragte Tschick.

"Siehst du das nicht?"

"Das mein ich nicht. Ich meine - was machen die denn da?"

Er hatte recht. Sie liefen immer hin und her und machten alles dreimal, und eigentlich machten sie gar nichts. Vielleicht Spurensuche oder so. Wir schauten uns das noch eine Weile an, und dann legte Tschick sic wieder stöhnend ins Bett und sagte: "Weck mich, wenn was passiert." Aber es passierte nichts. Einer machte sich an den Ketten zu schaffen, einer ging zum Kran, einer rauchte.

Plötzlich verschwand das Bild, weil im Zimmer das Licht anging. In der Tür stand schnaufend der Arzt. Er sah völlig übermüdet aus. In seinem einen Nasenloch hing ein rötlich weißer Wattepfropfen bis fast zur Oberlippe. Langsam schlurfte er zu Tschicks Bett.

"Ma Bein da hoch", sagte er. Eine Stimme wie Zweiter Weltkrieg.

Tschick hielt ihm seinen Gips hin. Der Arzt rüttelte mit einer Hand am Gips, mit der anderen hielt er den Stopfen in seinem Nasenloch fest. Er grapschte ein Röntgenbild aus dem Umschlagd, hielt es gegen das Licht, warf es neben Tschick aufs Bett und schlurfte wieder raus. In der Tür drehte er sic nochmal um. "Quetschung. Haarriss. Vierzehn Tage", sagte er. Dann verdrehte er plötzlich die Augen. Wie um Gleichgewicht bemüht, suchte seine Hüfte Halt am Türrahmen. Er atmete tief durch und sagte: "Nicht so schlimm. Vierzehn Tage Ruhe. Zu Hause Arzt konsultieren." Es sah Tschick an, ob er ihn verstanden hätte, und Tschick nickte.

Der Arzt macht die Tür hinter sich zu - und riss sie zwei Sekunden später wieder auf, jetzt vergleichsweise hellwach. "Witz!", rief er, und sah uns freudig an. Erst Tschick, dann mich. "Was der Unterschied zwischen einem Arzt und einem Architekten oder so?"

Keiner wusste es. Er gab sich selbst Antwort: "Der Arzt begräbt seine Fehler."

"Hä?", sagte Tschick.

Der Mann winkte ab. "Wenn ihr geht, ich meine, wenn ihr müde seid, im Schwesternzimmer gibt's Kaffee, könnt ihr euch holen. Mit dem guten Koffein."

Er schloss erneut die Tür. Aber ich hatte keine Zeit, mich über den Mann zu wundern, weil ich sofort wieder ans Fenster stürzte. Tschick schaltete mit der Krücke das Licht aus, und ich kriegte gerade noch mit, wie das Polizeiauto auf die Autobahn fuhr. Der Abschleppkran war schon weg. Allein der Lada stand noch auf dem Parkplatz. Tschick wollte es nicht glauben.

"Kran kaputt oder was?"

"Keine Ahnung."

"Dann jetzt oder nie."

"Was?"

"Na, was?" Er rammte die Krücke gegen die Scheibe.

"Der fährt doch nicht mehr", sagte ich.

"Wieso denn nicht? Und wenn nicht, ist auch egal. Wir müssen wenigstens unsere Sachen rausholen. Wenn er nicht mehr fährt-"

"Der fährt nicht mehr."

"Wenn wer nicht mehr fährt?", fragte die Krankenschwester und knipste das Licht wieder an. Sie hatte Tschicks oder Andrés Karteikarte in der einen und zwei Becher Kaffee in der anderen Hand.

"Du heißt André Langin", flüsterte ich und rieb mir die Augen, als sei ich vom Licht geblendet. Tschick sagte irgendwas von wegen, dass wir ja jetzt auch nach Hause kommen müssten - und das war leiderr genau der Grund, warum die Krankenschwester uns sprechen wollte.

40

Berlin wäre ja ein bisschen weit weg, meinte sie, und wo wir denn jetzt hinmüssten. Ich erklärte ihr, dass wir hier auf Besuch bei unserer Tante wären und alles kein Problem - und das hätte ich besser nicht gesagt. Die Krankenschwester fragte mich zwar nicht, wo diese Tante wohnte, aber dafür schleppte sie mich sofort ins Schwesterzimmer und stellte mich vor ein Telefon. Tschick verkniff sich den Schmerz, wedelte mit den Krücken und rief, wir könnten eigentlich auch zu Fuß gehen, und die Krankenschwester sagte: "Probiert's halt erst mal. Oder wisst ihr die Nummer nicht?"

"Doch, klar", sagte ich. Ich sah ein Telefonbuch auf dem Tisch liegen, das wollte ich nicht auch noch in die Hand gedrückt kriegen. Also wählte ich irgendeine Nummer in der Hoffnung, dass niemand ranging. Vier Uhr nachts.

Ich hörte es tuten. Die Krankenschwester hörte es vermutlich auch, denn sie blieb neben uns stehen. Das Beste wäre natürlich gewesen, bei uns zu Hause anzurufen, das war eine sichere Bank, dass da niemand abhob. Aber mit der Berliner Vorwahl zusammen war das eine elfstellige Nummer, und die Krankenschwester schaute jetzt schon misstrauisch genug. Es klingelte einmal, zweimal, dreimal, viermal. Ich dachte, ich könnte langsam auflegen und sagen, dass unsere Tante sicher noch fest schlafen würde und wir zu Fuß -

"Chrr...äch, Reiber", meldete sich ein Mann.

"Oh. Hallo, Tante Mona!"

"Reiber!", stöhnte der Mann schlaftrunken. "Keine Tante. Keine Mona."

"Hab ich dich geweckt?", fragte ich. "Ja, natürlich, blöde Frage. Aber es ist Folgendes." Ich gab der Krankenschwester ein Zeichen, dass alle unsere Probleme gelöst waren und sie sich wieder an die Arbeit machen könnte, falls es welche gab.

Es schien keine zu geben. Eisern blieb sie neben mir stehen.

"Hallo, verwählt!", hörte ich die Stimme. "Reiber hier."

"Ja, ich weiß. Und ich hoffe, du hast nicht ... o ja ... ja", sagte ich und deutete Tschick und der Krankenschwester mit einem Blick an, wie überrascht - und besorgt - Tante Mona war, zu dieser Stunde einen Anruf von uns zu erhalten.

Die Stille im Telefonhörer war fast noch irritierender als das Schnaufen zuvor.

"Ja, nein ... es ist etwas passiert", fuhr ich fort. "André hat einen kleinen Unfall gehabt, ihm ist was auf den Fuß gefallen ... nein ... nein. Wir sind im Krankenhaus. Sie ihn eingegipst."

Ich sah die Krankenschwester an. Sie rührte sich nicht.

Aus dem Telefonhörer kamen unverständliche Geräusche, und plötzlich war die Stimme wieder da. Diesmal nicht mehr so schlaftrunken. "Verstehe", sagte der Mann. "Wir führen en fiktives Gespräch."

"Ja", sagte ich, "aber das macht nichts. Ist auch nicht wirklich schlimm, ein Haarriss oder so."

"Und ich bin Tanta Mona."

"Nein. Ich meine, ja ... ja, genau ... ja."

"Und neben dir steht einer und hört zu." Der Mann machte ein Geräusch, das ich zuerst nicht deuten konnte. Ich glaube, er lachte leise.

"Ja. Ja ..."

"Und wenn ich jetzt laut schreie, hast du ein Riesenproblem, richtig?"

"Bitte nicht, äh ... nein. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Es ist alles geregelt."

"Gar nichts ist geregelt", sagte die Krankenschwester pampig. "Sie muss euch abholen."

"Brauchst du Hilfe?", fragte der Mann.

"Was?"

Die Krankenschwester sah aus, als wollte sie mir jeden Moment den Hörer aus der Hand nehmen und selbst mit Tante Mona sprechen.

"Du müsstest uns abholen, Tante Mona. Geht das? Ja? Ja?"

"Ich versteh nicht ganz, worauf das hinausläuft", sagte der Mann, "aber du klingst, als wärst du in echten Schwierigkeiten. Bedroht dich jemand?"

"Nein."

"Ich meine, sich den Fuß brechen, nachts um vier Anrufe faken, und du klingst, als wärst du höchstens dreizehn. Du bist in Schwierigkeiten. Oder ihr seid es."

"Ja, na ja."

"Und kannst natürlich nicht sagen, in welchen. Also nochmal: Bruachst du Hilfe?"

"Nein."

"Sicher? Mein letztes Angebot."

"Nein."

"Okay. Dann hör ich einfach zu", sagte der Mann.

"Jedenfalls, wenn du uns mit dem Auto abholen könntest", sagte ich verwirrt.

"Wenn du nicht willst." Er kicherte. Und das brachte mich endgültig aus dem Konzept. Wenn er aufgelegt hätte oder rumgeschrien, das hätte ich noch verstanden, nachts um vier. Aber dass er sich die ganze Zeit amüsierte und uns seine Hilfe anbot - alter Finne. Seit ich klein war, hatte mein Vater mir beigebracht, dass die Welt schlecht ist. Die Welt ist schlecht, und der Mensch ist auch schlecht. Trau keinem, geh nicht mit Fremden und so weiter. Das hatten mir meine Eltern erzählt, das hatten mir meine Lehrer erzählt, und das Fernsehen erzählte es auch. Wenn man Nachrichten guckte: Der Mensch ist schlecht. Wenn man Spiegel TV guckte: Der Mensch ist schlecht. Und vielleicht stimmte das ja auch, und der Mensch war zu 99 Prozent schlecht. Aber das Seltsame war, dass Tschick und ich auf unserer Reise fast ausschließlich dem einen Prozent begegneten, das nicht schlecht war. Da klingelte man nachts um vier irgendwen aus dem Bett, weil man gar nichts von ihm will, und er ist superfreundlich und bietet auch noch seine Hilfe an. Auf so was sollte man in der Schule vielleicht mal hinweisen, damit man nicht völlig davon überrascht wird. Ich war jedenfalls so überrascht, dass ich nur noch rumstotterte.

"Und ... in zwanzig Minuten, gut, ja. Du holst uns ab. Gut." Zum krönenden Abschluss der Performance wandte ich mich wieder an die Krankenschwester und fragte: "Wie heißt das Kranenhaus nochmal?"

"Falsche Frage!", zischte der Mann sofort.

Die Krankeschwester runzelte die Stirn. Mein Gott, war ich blöd.

"Virchow-Klinik", sagte sie langsam. "Das ist das einzige Krankenhaus im Umkreis von fünfzig Kilometern."

"Allerdings", sagte der Mann.

"Ah .. sagt sie auch gerade!", sagte ich und zeigte auf den Telefonhörer.

"Und aus der Gegend seid ihr auch nicht", sagte der Mann. "Ihr habt ja richtig Scheiße am Hacken. Ich hoffe, ich les wenigstens morgen in der Zeitung, was los war."

"Ja, hoffe ich auch", sagte ich. "Mit Sicherheit. Wir warten dann."

"Alles Gute euch."

"Ihn ... dir auch!"

Der Mann lachte nochmal, und ich legte auf.

"Hat sie gelacht?", fragte die Krankenschwester.

"Ist nicht das erste Mal, dass wir ihr Kummer bereiten", sagte Tschick, der nur die Hälfte verstanden hatte. "Die kennt das schon."

"Und das findet sie lustig?"

"Sie ist cool, erwiderte Tschick, und er betonte das Wort cool so, dass klar war, dass nicht alle Anwesenden in diesem Raum cool waren.

Eine Weile standen wir noch ums Telefon, dann sagte die Krankenschwester: "Ihr seid vielleicht zwei Früchtchen", und ließ uns gehen.